Wenn wir Verantwortung uns selbst, aber auch unserer Umwelt gegenüber übernehmen wollen, spielt eine bewusste Ernährung eine wichtige Rolle. Lesen Sie dazu einiges an praktischen Ratschlägen, die sich sehr gut in unseren Alltag integrieren lassen.
Ich hoffe, Sie konnten die reinigende und erfrischende Kraft des Wassers in diesem Sommer erleben. Ob im Regen, in einem der Schweizer Seen oder Meer – wie auch immer dieser Sommer war – hat uns Marc Aurel beigebracht, dass die wahre Erholung in uns selbst zu finden ist und wir eigentlich nicht vom äußeren Sommer abhängig sind. Ich hoffe, Sie haben das eine oder andere Mal – wie Marc Aurel vorschlug – auch Zuflucht in der eigenen Seele gesucht und Erholung in ihrem „Inneren“ gefunden …
Wir nähern uns schön langsam dem Herbst und die Natur beschenkt uns mit der Fülle ihrer Gaben. Auf den Märkten – sei es der Münchner Viktualienmarkt, der Wiener Naschmarkt oder am Zürcher Bürkliplatz, wo auch immer wird unser Auge beglückt von der Fülle der Farben und Formen: Karotten, Kartoffeln, Kürbisse, diverse Kohl- und Krautsorten, Äpfel, Birnen, Trauben, Zwetschken usw. breiten sich vor unseren Augen aus. Es wird bald Erntedank gefeiert und an manchen Orten werden dafür Altäre dekoriert oder Erntedankkutschen in einem Umzug durch den Ort gefahren. Dieses Brauchtum ist uralt und wird und wurde in allen Kulturen der Erde vollzogen: Man dankt der Natur, der Erde oder Gaia für ihre Gaben und Früchte, in vielen Kulturen waren es bestimmte Muttergottheiten wie z.B. Demeter, die die Menschen verehrten. Man lässt die Ernte segnen, bringt Opfergaben in die Tempel oder Kirchen und gibt so etwas von dem zurück, was man erhalten hat. Und durch diese Opfergaben werden die Götter und die Natur „ernährt“, um ihrerseits wiederum den Menschen Nahrung spenden zu können. So nehmen wir teil am Kreislauf des Lebens, der durch Geben und Nehmen instand gehalten wird.
Vielleicht erinnern Sie sich daran, dass uns diese Serie „Abenteuer Lebenskunst“ dazu dienen soll, unseren Alltag bewusster und philosophischer zu gestalten. Wir wollen uns dabei einerseits Anregungen bei den spirituellen Lebensgemeinschaften aller Kulturen holen, andererseits praktische Ratschläge für das tägliche Leben weitergeben. Mit der Ernährung beschäftigen wir uns – passend zum Herbst mit seinen Früchten – mit einem weiteren Aspekt der Alltagsroutine. Blavatsky schreibt dazu: „Konzentriere deinen Willen beim Essen auf die richtige Verdauung, wodurch dein Körper mit deinem geistigen Bestreben harmonisieren kann und heftige Begierden und böse Gedanken vermieden werden. Iss nur, wenn du hungrig bist, trink nur, wenn du Durst hast, sonst nie.“
Hier wird uns eine grundlegende Einstellung vermittelt: Die Nahrung soll uns dazu dienen, einen Körper zu erhalten, der dem Geistigen und Moralischen dient. Ernährung ist kein Ziel, sondern ein Mittel. Unser wichtigstes Handlungsinstrument in dieser Welt, unser Körper, muss in Gang gehalten werden, so wie wir unser Auto mit Benzin versorgen.
Heute leben wir einerseits in einem Nahrungsüberfluss, andererseits sind Millionen von Menschen vom Hunger bedroht. Hier zeigt sich, dass die Welt aus dem Gleichgewicht geraten ist, was auch deutlich wird, wenn wir die Ernährungsgewohnheiten in der westlichen Welt betrachten.
Durch die Technisierung und die weltweite Transportindustrie haben wir in der westlichen Welt immer und überall eine Unmenge an Nahrungsangeboten. Dies verleitet zu einem übermäßigen Konsum von unzeitgemäßen Lebensmitteln. Wir leben nicht mehr im Einklang mit der Natur, die uns zu bestimmten Jahreszeiten ganz bestimmte Produkte liefert. Und wir essen Dinge aus der ganzen Welt, egal ob sie für unseren Organismus verträglich sind oder nicht. Mit einem enormen Transportaufwand, der die Umwelt verschmutzt und die Qualität der Lebensmittel vermindert, erleben wir z.B. in Mitteleuropa eine „Sushi-Mode“, essen zu Weihnachten Erdbeeren, überall auf der Welt Fastfood oder im ganzen Jahr chilenische Äpfel, obwohl daneben unsere heimischen angeboten werden. Dies sind nur ganz wenige Beispiele, die uns zum Nachdenken anregen sollen. Angesichts verschiedenster Nahrungsmittelkatastrophen findet mittlerweile Gott sei Dank ein großer Umdenkungsprozess statt, die Bio-Nahrung und ökologische Produktionsmethoden erleben einen enormen Boom.
Wenn wir Verantwortung für unsere Umwelt übernehmen wollen und uns unserer Einheit mit der Natur gewahr sind, äußert sich dies auch im bewussten Einkauf und in bewusster Ernährung. Abgesehen davon, dass es gesünder ist, heimische Nahrungsmittel, die der Jahreszeit entsprechen, zu essen, ist es ökologisch sinnvoller. In den Kulturen, die in Einklang mit dem Kosmos lebten, hatten die Nahrungsmittelzubereitung und das Essen einen kultischen Charakter. Bei Festen oder feierlichen Anlässen war und ist eine gemeinsame Mahlzeit krönender Abschluss. Hier wird die Gemeinschaft erlebt, man feiert die Muttergottheit und dankt ihr, dass man überhaupt etwas zu essen hat. Zum Rhythmus der Natur gehörten ganz natürliche Fastenzeiten. Fasten hatte schon immer auch religiösen Charakter, Fastenperioden vor wichtigen Festen sind in allen Kulturen üblich.
All das geht heute immer mehr verloren. Heute ist es allgemein üblich, zu viel zu essen, irgendwann zwischendurch – und zu hastig. Im Stress, während der Arbeit, stehend an einem Imbiss-Stand usw. Beschwerden und Krankheiten im Verdauungstrakt sind die Folge. Durch unser hektisches Leben haben wir oft keinen Rhythmus bei den Mahlzeiten. In den Klöstern und anderen spirituellen Lebensgemeinschaften gab und gibt es ganz feste Essenszeiten, was dem Körper entgegenkommt, weil er rhythmisch arbeitet und dadurch besser funktionieren kann.
1) Kaufen und essen wir Lebensmittel, die der Jahreszeit entsprechen. Ernähren wir uns so im natürlichen Rhythmus der Natur. Dies dient uns selbst und der Umwelt.
2) Kaufen und essen wir heimische Lebensmittel. So fördern wir die heimische Nahrungsmittelproduktion und setzen ein Zeichen gegen den weltweiten „Warentourismus“.
3) Achten wir auf gute Qualität und auf gesunde Ernährung.
Der Mensch ist, was er isst.
Aber machen wir keinen „Kult“ daraus und bleiben wir flexibel.
4) Üben wir Mäßigkeit. Langsames Essen und sorgfältiges Kauen machen früher satt und der Körper kann besser verdauen. Zeitweiliges Fasten dient der Entschlackung.
5) Achten wir auf den Rhythmus und den Stil der Mahlzeiten. Hinterfragen wir unseren Lebensrhythmus und unsere Lebensweise und versuchen wir, die Mahlzeiten „ritueller“ und würdiger zu gestalten
6) Essen wir nicht zwischen den Mahlzeiten. Das „Naschen“, egal ob süß oder salzig, stört den Rhythmus des Körpers und untergräbt unseren Willen und unsere Disziplin.
7) Inspirieren wir uns an der alten Sitte des „Tischgebetes“, machen wir uns bewusst, dass die Natur uns ernährt und seien wir dafür dankbar. Vielleicht finden wir auch eine Möglichkeit, der Mutter Natur ein „Opfer“ zu bringen.
Guten Appetit wünscht Ihnen
Gudrun Gutdeutsch &
Treffpunkt Philosophie Zürich
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